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Willi Winkelmann * 1901

Klinkstraße 14 (Hamburg-Mitte, Billstedt)


HIER WOHNTE
WILLI WINKELMANN
JG. 1901
VERHAFTET
STRAFBATAILLON 999
TOT 24.12.1944
JARKEN / OSTPREUSSEN

Willi Winkelmann, geb. 13.6.1901 Winsen/Luhe, Tod am 24.12.1944 im Bewährungs­bataillon 999 in Jarken/Ostpreußen

Klinkstraße 14 (Bachstraße14)

"Ich klage die Genannten an, zu Hamburg und Umgegend in den Jahren 1933 bis 1935 fortgesetzt und teilweise gemeinschaftlich handelnd, das hochverräterische Unternehmen, mit Gewalt die Verfassung des Reiches zu ändern, vorbereitet zu haben, wobei die Tat
1) darauf gerichtet war, zur Vorbereitung des Hochverrats einen organisatorischen Zusammenhalt herzustellen oder aufrechtzuerhalten,
2) auf Beeinflussung der Massen durch Herstellung oder Verbreitung von Schriften gerichtet war.
Verbrechen strafbar nach §§ 80 Abs. 2, …
Der Generalstaatsanwalt beim Hanseatischen Oberlandesgericht, 26. November 1935."

Dieses Verfahren unter der Bezeichnung "Blume und Genossen" war das wahrscheinlich letz­te des 1935 gegen die SPD geführten Prozesses "Mehnke und Genossen" und richtete sich gegen zwölf Sozialdemokraten aus Billstedt und Wandsbek, die sich in "Hamburg und Umgegend" unter der Leitung von Hermann Blume zu sammeln versuchten. Zum engeren Kreis um Hermann Blume, der als einziger aktiv wurde, gehörte Willi Winkelmann.

Willi Heinrich Winkelmann stammte aus Winsen/Luhe, wo er am 13. Juni 1901 geboren wurde. Er besuchte vom siebten bis vierzehnten Lebensjahr die Volksschule und absolvierte im Anschluss daran eine vierjährige Schlosserlehre, die er mit der Gesellenprüfung abschloss. 1919 trat er dem Metallarbeiter-Verband bei. Es wechselten Zeiten der Erwerbslosigkeit mit Berufstätigkeit zunächst auf der Vulkanwerft, dann bei Blohm & Voß und schließlich bei anderen Firmen, bis er 1934 bei "der Jute", der Norddeutschen Jute-Spinnerei und Weberei in Billstedt, eine Anstellung fand.

Am 22. September 1926 heirateten Willi Winkelmann und die aus einer sudetendeutschen Familie stammende Marie Faltejsek, geboren am 10. April 1908 in Harburg, in Landskron, vermutlich dem Landskron im Sudentenland. Im darauffolgenden Jahr wurde ihr Sohn Edmund geboren. 1928 trat Willi Winkelmann in die SPD und das "Reichsbanner" ein, ohne Funktionen zu bekleiden, und gehörte ihnen bis zum Verbot 1933 an. Im Herbst 1933 fand in seiner Wohnung unter der Leitung von Hermann Blume das erste Treffen von Genossen statt, die Möglichkeiten des Aufbaus neuer Strukturen auszuloten versuchten. Es kam lediglich eine Gruppe zustande. Sie erhielt Schriften von der illegalen Distriktleitung in Wandsbek, später direkt von Walter Schmedemann aus Hamburg.

Die Zeitungen "Sozialistische Aktion", die "Roten Blätter" und eine Schrift mit dem Tarntitel "Die Kunst des Selbstrasierens" dienten einerseits der Information und Ermutigung der Genossinnen und Genossen, andererseits der Propagierung des Widerstands. Wurden sie verkauft, floss der Erlös in die Unterstützungskasse für Angehörige von "Schutzhäftlingen", zu denen auch eine Schwester Willi Winkelmanns gehörte.

Am 18. Juni 1935 wurde er, damals wohnhaft im Kleingartengelände Goldkoppel, Parz. 65 in Schiffbek, inhaftiert und in "Schutzhaft" in das KZ Fuhlsbüttel verbracht, aus der er am 20. August 1935 in Untersuchungshaft überführt wurde. Die Hauptverhandlung des Verfahrens "Blume und Genossen" endete am 12. Dezember 1935 mit der Verurteilung aller Angeklagten wegen "Vorbereitung zum Hochverrat" zu Freiheitsstrafen zwischen drei und 36 Monaten. Willi Winkelmann wurde zu einer Haftstrafe von 15 Monaten verurteilt, die unter Anrechnung der "Schutz"- und Untersuchungshaft am 28. September 1936 endete. Er verbüßte sie im Gefängnis am Sievekingplatz, unterbrochen durch einen dreitägigen Hafturlaub im Mai 1936, und kehrte nach seiner Entlassung zu seiner Familie zurück, die inzwischen in der Bachstraße 14 wohnte. Seine Mutter lebte ebenfalls in Hamburg, in Hamm, sein Vater war verstorben. Auf der Deutschen Werft fand Willi Winkelmann umgehend eine neue Arbeitsstelle.

Für die Zeit nach Winkelmanns Haftentlassung existieren keine Belege erneuter Widerstandstätigkeit. Sein Sohn Edmund besuchte die Volksschule, trat 1937 dem "Jungvolk" bei und begann nach dem Schulabschluss eine Maschinenschlosserlehre. 1940 kam ein zweiter Sohn zur Welt, Herbert, 1942 wurde Tochter Helga geboren. Aufgrund seiner politischen Vorstrafe galt Willi Winkelmann als wehrunwürdig. Dennoch und obwohl er auf der Deutschen Werft als Schlosser, Maschinenbauer, Monteur, Brenner, Schweißer und Werkzeugmacher kriegswichtige Arbeit leistete, wurde er am 3. Februar 1943 zum Bewährungsbataillon 999 eingezogen und auf dem Truppenübungsplatz Heuberg auf der Schwäbischen Alb ausgebildet. Fast 42-jährig und nicht ganz gesund, kam er nicht zum Fronteinsatz, sondern wurde einem Baubataillon im Osten zugeteilt. Einzelheiten seiner Einsätze sind nicht bekannt. Als Angehöriger des Bewährungsbataillons erhielt er keinen Heimaturlaub, jedoch einen Durchreise­urlaub von 1½ Tagen. Dabei sah er Frau und Kinder vermutlich zum letzten Mal. Nach der "Operation Gomorrha" Ende Juli/Anfang August 1943 reiste Marie Winkelmann mit den Kindern ins Sudeten­land, wo sie von einer Verwandten ein kleines Haus geerbt hatte.

Edmund Winkelmann blieb in Hamburg, um seine Lehre zu beenden. Am 1. Dezember 1944 trat er als Matrose in die Marine-Infanterie ein. Am 24. Dezember 1944 fiel ausweislich der Sterbeurkunde "der Soldat, Schlossergeselle, 6. Kompanie, Bau Pionier Bataillon II/999, ev.," Willi Winkelmann in Jarken in Ostpreußen auf dem Rückzug vor der Roten Armee.

© Initiative Stolpersteine in Hamburg-Billstedt

Quellen: VAN-Totenliste 1968; StaH, 242-2, 1 II, Abl. 13, Gefangenenkartei Männer; 351-11 AfW, 24727; 332-5 Standesämter, 1254+67/1947; FZH Archiv, 8338, SPD 1933–1945, Prozesse, 288/35; Für Freiheit und Demokratie; Hochmuth/Meyer, Streiflichter; Ditt, Sozialdemokraten.

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