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Bereits verlegte Stolpersteine



Paula Mathiason (geborene Rosenthal) * 1876

Maria-Louisen-Straße 96 (Hamburg-Nord, Winterhude)


HIER WOHNTE
PAULA MATHIASON
GEB. ROSENTHAL
JG. 1876
DEPORTIERT 1942
THERESIENSTADT
1944 AUSCHWITZ
ERMORDET

Paula Mathiason, geb. Rosenthal, geb. 31.12.1876 in Berlin, deportiert 19.7.1942 nach Theresienstadt, weiterdeportiert 15.5.1944 nach Auschwitz und dort ermordet

Maria-Louisen-Straße 96 (Winterhude)

Paula Rosenthal wurde 1876 in Berlin-Mitte als Tochter des in Rawitsch/ Posen geborenen Kaufmanns Max Simon Rosenthal (1846-1909) und dessen aus dem rheinländischen Hemmerden/ Kreis Grevenbroich stammender Ehefrau Henriette Rosenthal, geb. Bonn (1848-1909) geboren. Bekannt von seinen Geschwistern sind uns nur zwei Brüder: Siegmund Rosenthal (1872-1942) und Edwin Rosenthal (1884-1933). Der Vater hatte 1897 die Großhandels- und Exportfirma für Passementerie-Artikel (Verzierungen für Kleidung, Möbel, Lampenschirme u.a. Fransen, Quasten, Perlen, Stickereien, Spitzen) Rosenthal & Hochstein gegründet.

Paula wuchs größtenteils in Berlin-Mitte auf, die Wohnadressen lauteten Schmidstraße 9 (u.a. 1877), Lückauerstraße 2 (u.a. 1884), Oranienstraße 140/ Kreuzberg (u.a. 1896-1902) und Kommandantenstraße 44 (1903-1904). Sie besuchte in Berlin höchstwahrscheinlich ein Lyzeum/ Höhere Mädchenschule. 1904 heiratete sie in Berlin den Bankbeamten Eduard Rosenbaum (geb. 29.2.1864 in Koschmin/ Posen), der rund 50 km vom Geburtsort des Schwiegervaters entfernt zur Welt gekommen und ebenfalls nach Berlin gezogen war. Ob die Eheleute Rosenbaum in den nächsten Jahren in Berlin lebten, ist derzeit nicht bekannt.

Seit 1917 war der Ehemann Eduard Rosenbaum im Hamburger Adressbuch verzeichnet, seine Berufsbezeichnung lautete "Kaufmann" und seit 1924 "Getreidemakler". Im Juli 1923 hatte er eine eigene Firma für Getreide und Futtermittel gegründet. Seine Wohn- und Geschäftsadressen lauteten Oderfelder Straße 15 (1917-1932) und Maria-Louisen-Straße 96 (ab 1933). Es ist davon auszugehen, dass er bis 1933 Mitglied im Verein der Getreidemakler der Hamburger Börse war, die den Vorstand der Hamburger Getreidebörse wählten. Die Firma Eduard Rosenbaum wurde im Februar 1934 im Handelsregister gelöscht.

Paula Rosenbaum besuchte in Hamburg vermutlich die Dammtor-Synagoge, die von Rabbiner Paul Holzer (1892-1975) bis zu dessen Ausweisungsbefehl vom Januar 1939 betreut wurde.

Für Eduard und Paula Rosenbaum wurde erst ab 1936 in Hamburg eine Kultussteuerkarte geführt. Der ohnehin geringe Veranlagungsbetrag für die Jahre 1936 und 1937, der auf ein sehr geringes Einkommen hinweist, wurde ihnen von der Jüdischen Gemeinde erlassen.

Ihre Wohnadressen auf dieser Karteikarte lauteten Maria-Louisen-Straße 96 und ab Januar 1939 Holstenstraße 4a/ Bergedorf bei Ernst Tichauer (siehe www.stolpersteine-hamburg.de). Hierher zog Paula Rosenbaum kurzzeitig ein halbes Jahr nach dem Tod ihres Ehemannes, sie wohnte beim Zahnarzt Tichauer und seiner Ehefrau Ellie zur Untermiete. Eduard Rosenbaum wurde auf dem Jüdischen Friedhof Hamburg-Ohlsdorf bestattet.

Ebenfalls für Januar 1939 vermerkte die Jüdische Gemeinde Hamburg ihren Umzug nach Berlin-Schöneberg in die Bambergerstraße 51 zu Rosenthal und das Ausscheiden aus der Jüdischen Gemeinde Hamburg. Unter dieser Berliner Adresse lebte ihr Bruder, der frühere Amtsgerichtsrat Siegmund Rosenthal (geb. 14.7.1872 in Berlin, deportiert 5.8.1942 nach Theresienstadt, dort am 17.9.1942 gestorben) mit seiner Ehefrau Selma Rosenthal geb. Guggenheim (geb. 13.5.1884 in Zürich, gestorben 4.6.1940 in Berlin). Auch ihr Bruder Edwin lebte in Berlin, er hatte bis zum Berufsverbot in seiner Kanzlei am Molkenmarkt als Rechtsanwalt und Notar gearbeitet.

In zweiter Ehe heiratete Paula Rosenbaum Ende 1939/ Anfang 1940 Jacob Mathiason (geb. 22.4.1865 in Hamburg), Witwer und früheren Inhaber eines Bankgeschäfts, das 1936 geschlossen worden war (siehe www.stolpersteine-hamburg.de). Auf ihrer Kultussteuerkarte bei der Jüdischen Gemeinde Hamburg war "Heirat", und als neue Wohnadresse die Hochallee 117/ bei Nathan vermerkt.

Nach dem Tod des Vermieters Siegfried Nathan am 27. Oktober 1940 musste dessen Witwe in das vom NS-Regime zum "Judenhaus" erklärte Gebäude Haynstraße 7 umziehen. Dadurch verlor auch Paula Mathiason ihre Unterkunft; die freie Wohnungswahl war im Deutschen Reich bereits im April 1939 für Juden aufgehoben worden. Zu welchem Zeitpunkt Paula Mathiason in die Haynstraße 5 II. Stock umziehen musste, ist derzeit nicht bekannt – auch dieses Haus war als "Judenhaus" gekennzeichnet.

Seit dem 15. April 1942 lebten Paula und Jacob Mathiason in Hamburg in einer Wohnung beim Großneumarkt 56 III. Stock. Die Hausnummern 54 bis 57 gehörten zum 1906 errichteten Hertz-Joseph-Levy-Stift, das 19 Freiwohnungen enthielt. Auch dieses Haus war vom NS-Regime zum "Judenhaus" erklärt und gekennzeichnet worden.

Von dort wurden die Eheleute am 19. Juli 1942 ins Getto Theresienstadt deportiert. Jacob Mathiason verstarb dort am 28. November 1942, Paula Mathiason gelang es in Theresienstadt, ca. zwei Jahre zu überleben.

Sie wurde am 15. Mai 1944 ins Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort ermordet.

Anders als bei anderen Ehepaaren erinnern die Stolpersteine an Jacob und Paula Mathiason an zwei unterschiedlichen Adressen. Dies ist bedingt durch die späte Heirat, unterschiedliche Adresseinträge auf ihren separaten Kultussteuerkarteien und die Bemühungen, für die Stolpersteine die letzte frei gewählte Wohnadresse auszuwählen. Der Stein für Jacob Mathiason wurde im Mai 2014 in der Hochallee 121, der für Paula Mathiason im September 2012 in der Maria-Louisen-Straße 96 verlegt.

Stand: Juli 2024
© Björn Eggert

Quellen: Staatsarchiv Hamburg (StaH) 213-13 (Landgericht Hamburg, Wiedergutmachung), 15369 (Paula Mathiason); StaH 213-13 (Landgericht Hamburg, Wiedergutmachung), 3632 (Gertrud Hartwig geb. Mathiason); StaH 213-13 (Landgericht Hamburg, Wiedergutmachung), 3634 (Gertrud Hartwig geb. Mathiason); StaH 231-7 (Handelsregister), A 1 Bd. 37 (A 9089, Hermann Nathan senior); StaH 231-7 (Handelsregister), A 1 Bd. 135 (A 30522, Eduard Rosenbaum); StaH 332-8 (Meldewesen), Hamburger Hausmeldekartei, Mikrofilm K 2328 (Großneumarkt 56 III, Kartei erst ab 1939 geführt); StaH 351-11 (Amt für Wiedergutmachung), 26292 (Gertrud Hartwig geb. Mathiason); StaH 522-1 (Jüdische Gemeinden), 992b (Kultussteuerkartei der Deutsch-Israelitischen Gemeinde Hamburg), Eduard Rosenbaum/ Paula Rosenbaum/ Paula Mathiason, Jacob Mathiason; StaH 731-8 (Zeitungsausschnittsammlung), A 914 (Verein der Getreidehändler der Hamburger Börse); Jüdischer Friedhof Hamburg-Ohlsdorf, Gräberkartei (Eduard Rosenbaum, gestorben 5.6.1938, Grablage M 3 Nr. 140); Landesarchiv Berlin, Geburtsregister 11/1877 (Paula Rosenthal); Landesarchiv Berlin, Geburtsregister 227/1884 (Edwin Rosenthal); Landesarchiv Berlin, Heiratsregister 763/1904 (Eduard Rosenbaum, Berlin u. Paula Rosenthal, Berlin); Landesarchiv Berlin, Sterberegister 186/1909 (Henriette Rosenthal geb. Bonn); Landesarchiv Berlin, Sterberegister 353/1909 (Max Rosenthal); Landesarchiv Berlin, Sterberegister 1989/1940 (Selma Rosenthal geb. Guggenheim); Bundesarchiv Berlin, R 1509 (Reichssippenamt), Volks-, Berufs-, u. Betriebszählung am 17. Mai 1939 (Paula Mathiason, geb. Rosenthal verheiratete Rosenbaum; Siegmund Rosenthal; Selma Rosenthal geb. Guggenheim; Siegfried u. Elise Nathan); Handelskammer Hamburg, Handelsregisterinformationen (A 30522, Eduard Rosenbaum; A 9089, Hermann Nathan senior); Simone Ladwig-Winters, Anwalt ohne Recht. Das Schicksal jüdischer Rechtsanwälte in Berlin nach 1933, Berlin 2022, S. 395 (Edwin Rosenthal); Wilhelm Mosel, Wegweiser zu ehemaligen Stätten jüdischen Lebens oder Leidens in Hamburg, Heft 1, Hamburg 1983, S. 48 (Großneumarkt 54-57); Hamburger Börsenfirmen, Hamburg 1926, S. 738 (Hermann Nathan senior, gegr. 1884, Rohtabak, Inhaber Siegfried Nathan, Prokurist E. Nathan geb. Seidl, Pickhuben 9); Hamburger Börsenfirmen, Hamburg 1926, S. 877 (Eduard Rosenbaum, gegr. 1923, Getreide, Futter- u. Lebensmittel, Oderfelderstr. 15); Hamburger Börsenfirmen, Hamburg 1935, S. 603 (Hermann Nathan senior, gegr. 1884, Rohtabak, Inhaber Siegfried Nathan, Prokurist E. Nathan geb. Seidl, Bismarckstr. 103); Adressbuch Hamburg (Ed./ Eduard Rosenbaum) 1917, 1918, 1920, 1922-1925, 1930-1933, 1935, 1936; Adressbuch Hamburg (Maria-Louisen-Str. 96, Eduard Rosenbaum, Getr.-Makler) 1933, 1935-1938; Adressbuch Hamburg (Siegfried Nathan) 1937, 1940; Adressbuch Berlin 1877 (Kaufmann M. Rosenthal, Schmidstr. 9 I); Adressbuch Berlin 1905 (Straßenverzeichnis: Kommandantenstr. 44 in Berlin S14, dort u.a. Dr. Richard Rosenthal, praktischer Arzt u. M. Rosenthal, Kaufmann); Adressbuch Berlin 1899, 1901, 1903, 1905 (Rosenthal & Hochstein, Passementerie Engros, Export, W 56, Werderstr. 3/4, Inhaber M. Rosenthal u. Hch. Hochstein); https://www.holocaust.cz/ (Sterbeurkunden Siegmund Rosenthal, Jacob Mathiason); www.stolpersteine-hamburg.de (Jacob Mathiason, Else Nathan geb. Seidel, Ernst Tichauer, Julius Rothschild/ Getreidemakler, Martin Bernstein/ Getreidemakler, Max Ahronheim/ Getreidehandel).

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