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Adolf und Helene Mahlmann mit ihren Söhnen Willi, Hans und Kurt, 1918
Adolf und Helene Mahlmann mit ihren Söhnen Willi, Hans und Kurt, 1918
© Privatbesitz

Adolf Mahlmann * 1876

Kegelhofstraße 24 (Hamburg-Nord, Eppendorf)


HIER WOHNTE
ADOLF MAHLMANN
JG. 1876
IM WIDERSTAND / KPD
VERHAFTET 11.12.1942
KZ FUHLSBÜTTEL
KZ SACHSENHAUSEN
KZ BUCHENWALD
ERMORDET 28.2.1945

Adolf Mahlmann, geboren am 6.8.1876 in Bielefeld, im Widerstand / KPD, verhaftet am 11.12.1942, ermordet am 28.2.1945 im KZ Buchenwald

Kegelhofstraße 24, Eppendorf

Am 5. März 1945 erhielt Helene Mahlmann ein Beileidschreiben aus dem KZ Buchenwald.
"Am 28. Februar 1945 verstarb Ihr Ehemann Adolf Mahlmann im hiesigen Krankenhaus. Ich spreche Ihnen zu diesem Verlust mein Beileid aus und versichere Ihnen, dass er hier in guter Pflege war. Trotz Anwendung bester Medikamente und ausgezeichneter ärztlicher Hilfe war es nicht möglich, der Krankheit Herr zu werden. Irgendwelche letzten Wünsche hat Ihr Ehemann nicht geäußert.
SS-Oberführer (Hermann) Pister"

Heinrich Adolf Gottlieb Mahlmann, geboren am 6. August 1876 in Bielefeld, entstammte einer westfälischen Familie und wuchs in der Nähe der Städte Gütersloh und Bielefeld auf. Seine Eltern waren Wilhelm und Johanne Mahlmann, geborene Sprick. Nach dem Besuch der Volksschule erlernte Adolf Mahlmann den Beruf des Malers und Anstreichers und war danach – wie damals üblich – zwei bis drei Jahre "auf der Walz" (Wanderschaft) in Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich und der Schweiz. Auf der Wanderschaft lernte er neue Arbeitspraktiken, fremde Orte und Länder kennen, und auch Menschen, die sein politisches Bewusstsein prägten. So trat er auch in die SPD und die Gewerkschaft ein.

Er zog dann nach Hamburg in die Kegelhofstraße 9 in Eppendorf und heiratete am 21. November 1908 die gelernte Köchin Helene Johanne Mathilde Grashorn, geboren am 6. November 1878 in Donnerschwee, heute ein Stadtteil von Oldenburg in Niedersachsen.
Das Ehepaar bekam drei Kinder: Willi, geboren am 6. Juni 1909 und Hans, geboren am 22. September 1911, beide in der Kegelhofstraße 9 geboren. Kurt kam am 3. November 1914 – wahrscheinlich in Hamburg – zur Welt.

Das Ehepaar Mahlmann wohnte und arbeitete bei der großbürgerlichen hanseatischen Kaufmannsfamilie Siemers in der Kegelhofstraße 9, in einer 25-Zimmer-Villa in Eppendorf. Es betreute die Häuser und Wohnungen der Familie Siemers, Adolf Mahlmann diente der Familie Siemers auch als Kutscher. (Eine Verwandtschaft mit Edmund Siemers (1840-1918), nach dem die Edmund-Siemers-Allee benannt wurde, gab es nach Rücksprache mit der Familie Siemers nicht.)

Am 1. August 1914 begann der 1. Weltkrieg und Adolf Mahlmann wurde zum Kriegsdienst eingezogen. Er verlor im Kampfgeschehen den rechten Zeigefinger, den er zum Schießen benötigte und konnte so, nun kriegsuntauglich, weiteren Kampfeinsätzen entgehen. Als gelernter Anstreicher musste er nun bei der Firma Krupp in Essen die Kanonen grau anstreichen.

Im August 1917 verlor Helene Mahlmann ihre Anstellung bei der Kaufmannsfamilie Siemers. Das Leben der Familie änderte sich schlagartig, und sie rutschte in die Armut ab. Helene Mahlmann zog mit ihren Kindern in eine Zwei-Zimmer-Wohnung in der Kegelhofstraße 24. Wie andere ärmere Hamburgerinnen und Hamburger waren auch sie nun auf die Kriegsküchen angewiesen, die Bedürftige mit einer warmen Mahlzeit am Tag versorgten.
Ein Lichtblick und eine willkommene Abwechslung für die Familie Mahlmann war 1918 der Besuch des Ehemannes und Vaters Adolf Mahlmann.

Adolf Mahlmann blieb währenddessen in Essen, trat in die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands, die USPD, ein, und wurde dann Mitglied im Spartakusbund, einem Zusammenschluss marxistischer Sozialisten. Am 1. Januar 1919 ging dieser auf in der neu gegründeten Kommunistischen Partei Deutschlands, der KPD, unter der Führung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht. Auch Adolf Mahlmann wurde im Frühjahr 1919 deren Mitglied. Außerdem gehörte er dem Essener Arbeiter- und Soldatenrat an, der die Interessen der Bergleute im Ruhrgebiet 1918 vertrat. Erst im Frühjahr 1919, nach dem Zusammenbruch der Rätebewegung und der Niederschlagung der folgenden Januarunruhen in Berlin kehrte er von Essen wieder zu seiner Familie nach Hamburg zurück und lebte mit ihr in der Kegelhofstraße 24. Dort wurde am 22. Mai 1919 das Nesthäkchen der Familie, Gertrud Anita Mahlmann, geboren.

Im Herbst 1919 wurde Adolf Mahlmann ehrenamtlicher Stadtteilleiter der KPD in Hamburg-Eppendorf. Er arbeitete nun bei der Vulkan-Werft, einem Hamburger Tochterunternehmen der Stettiner Maschinenbau Actien Gesellschaft und übernahm dort den Vorsitz im Betriebsrat.
Als rechtsextreme Verschwörerkreise um Wolfgang Kapp und Walther von Lüttwitz vom 13.-17. März 1920 mit dem sog. Kapp-Putsch versuchten, die Regierung der Weimarer Republik zu stürzen, formierten sich Massenproteste und die linken Parteien Riegen zum Generalstreik auf. Adolf Mahlmann stand in Hamburg mit an der Spitze der Streikbewegung. Dies nahm die Geschäftsführung der Stettiner Maschinenbau Actien Gesellschaft zum Anlass, ihm die sofortige Kündigung auszusprechen.

Adolf Mahlmann beteiligte sich auch an dem am 23. Oktober 1923 ausgerufenen "Hamburger Aufstand", der das Ziel eines Umsturzes in Deutschland verfolgte. Die Arbeiterschaft folgte jedoch den Aufruf zu einem landesweiten Generalstreik nicht. In Barmbek, Schiffbek und Eimsbüttel fanden Auseinandersetzungen statt, doch der Aufstand wurde bereits in der Nacht auf den 24. Oktober niedergeschlagen, er forderte insgesamt mindestens 100 Todesopfer und mehr als 300 Verwundete.

Adolf Mahlmann fand nun aufgrund der schwarzen Listen, die in den Personalabteilungen der Betriebe in Hamburg im Umlauf waren, - abgesehen von kleineren Gelegenheitsjobs – keine regelmäßige Beschäftigung mehr. Helene Mahlmann, die später erklärte, seine politische Arbeit unterstützt zu haben, ernährte die Familie, indem sie durch Heimarbeit und Reinigung von Treppenhäusern den Lebensunterhalt der Familie sicherte. Auch die Kinder halfen beim Putzen der Treppenhäuser mit.

1929 zog die Familie in die Wrangelstraße 86 in Eimsbüttel.

Nach der Machtübergabe an die NSDAP wurde Adolf Mahlmann 1933 erstmals verhaftet, aber im Zuge einer Amnestie 1934 entlassen. Über sein Leben in den Jahren 1934 bis 1939 können wir nichts berichten.

Nach Kriegsbeginn, im November 1939, fand Adolf Mahlmann wieder Arbeit, anfangs bei der Pulverfabrik Düneberg und später bei der Dynamitfabrik Krümmel, die beide in Geesthacht ansässig waren. (Die Dynamitfabrik Krümmel war eine Sprengstofffabrik, die 1865 erbaut worden war. 1983 wurde an der Stelle das Kernkraftwerk Krümmel errichtet.)

Nachdem die führende Kommunisten Bernhard Bästlein, Robert Abshagen und Franz Jacob 1940 aus den Konzentrationslager Sachsenhausen entlassen worden waren, organisierten sie den zerschlagenen KPD-Widerstand neu und banden ihnen bekannte Genossen wie Adolf Mahlmann ein, der sich in Hamburg an Flugblattaktionen beteiligte.
Am 11. Dezember 1942 wurde er an seinem Arbeitsplatz in der Dynamitfabrik Krümmel verhaftet, in das Konzentrationslager Fuhlsbüttel eingewiesen und ins KZ Sachsenhausen überstellt. Dort war er von März 1943 bis Januar 1945 inhaftiert. Im Januar 1945 überstellte ihn die Gestapo in das Konzentrationslager Buchenwald, wo er am 28. Februar 1945 starb und Helene Mahlmann das eingangs erwähnte "Beileidschreiben, unterschrieben vom SS Oberführer Pister, erhielt.

Auch der Sohn Hans Mahlmann/Mahle engagierte sich in der KPD und nach dem Krieg in der SED. In der DDR vielfach ausgezeichnet, stieg er zum Generalintendanten des Deutschen Demokratischen Rundfunks auf. Die Historikerin Katharina Riege verfasste seine Biographie (er wird dort Hans Mahle genannt): "Einem Traum verpflichtet. Hans Mahle – eine Biografie".

Der KZ-Kommandant Hermann Pister wurde am 13. Juni 1945 verhaftet und im Rahmen der Dachauer Prozesse wegen seiner im Konzentrationslager Buchenwald begangenen Kriegsverbrechen angeklagt. Am 14. August 1947 wurde er für schuldig erklärt und zum Tod durch den Strang verurteilt. Er starb vor Vollstreckung des Urteils am 28. September 1948 an einem Herzinfarkt im Kriegsverbrechergefängnis Landsberg.

Stand: Juni 2024
© Bärbel Klein/Rüdiger Tölg

Quellen: StaH, 332-5 Geburtsregister 113671 Geburtsregister 1701/1909 Willi Mahlmann, 114269 Geburtsregister 574/1911, 3114 Heiratsregister 674/1908 Mahlmann/Grashorn; 351-11 Amt für Wiedergutmachung 3867 (Adolf Mahlmann); 741-4 Filmarchiv K2451 (Wrangelstraße 86); In inconformity with ITS Archives Digital Archive, Arolsen Archives [103866473] Mail vom 26.10.2023 Axel Braisz; Katharina Riege, Einem Traum verpflichtet. Hans Mahle – eine Biografie, Hamburg 2003; Adressbücher Hamburg, 1909, 1910, 1912, 1918, 1929; Hermann Pister – Eintrag Wikipedia; Claus-Dieter Krohn, Axel Schildt: Zwischen den Stühlen?, Wallstein Verlag 2002, S. 372; Spartakusbund – Eintrag Wikipedia (Zugriff 21.10.2023); Kapp-Putsch – Eintrag Wikipedia (Zugriff 21.10.2023); Hamburger Aufstand – Eintrag Wikipedia (Zugriff 21.10.2023); Hans Mahle siehe https://www.bundesstiftung-aufarbeitung.de/de/recherche/kataloge-datenbanken/biographische-datenbanken/hans-eigtl-heinrich-august-ludwig-mahlmann-mahle (Zugriff 12.6.2024).

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