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Ernst Baruch Levy
© Yad Vashem

Ernst Baruch Levy * 1914

Klosterallee 47 Oberstraße (Hamburg-Nord, Hoheluft-Ost)


HIER WOHNTE
ERNST LEVY
JG. 1914
DEPORTIERT 1943
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Ernst Baruch Levy, geb. 3.7.1914 in Hamburg, am 15.11.1943 vom Konzentrations­lager Herzogenbusch (Kamp Vught)/Holland nach Auschwitz deportiert, dort am 31.3.1944 ermordet

Klosterallee 47

Baruch Levy war der Sohn des Hamburgers Siegfried Levy, geboren am 11. Juni 1879, und seiner Ehefrau Martha, geb. Igersheimer, in Frankfurt geboren am 26. Februar 1892. Aus dieser Ehe gingen zwei weitere Kinder hervor: Herbert Gerson Levy (geb.12.2.1918) und Lina Ruth Levy (geb. 28.12.1920). Mit Ausnahme von Baruch überlebte die Familie den Holocaust, Herbert Gerson in Teheran, die anderen in Tel Aviv und Jerusalem.

Seit Ostern 1921 war Ernst Baruch Schüler an der Talmud Tora Realschule in Hamburg. Im März 1931, mit 16½ Jahren, legte er dort die sogenannte Schlussprüfung ab, die der Mittleren Reife entsprach. Zum neuen Schuljahr trat er in die Oberstufe der Schule ein, die nun Oberrealschule hieß. Ziel war das Abitur. Von den Leistungen her sprach nichts dagegen, es zu erreichen. Es wäre zu Ostern 1934 möglich gewesen. Doch im April 1933 wurde er aus der Schule heraus verhaftet und blieb für zwei Monate im Gefängnis. Die Gründe für die Festnahme sind unklar.

Levys weitere Biographie legt aber nahe, dass es Beziehungen zu einer der seit Februar 1933 verbotenen Organisationen der politischen Linken gewesen sein könnten, die ihm zur Last gelegt wurden. Levy hielt die Situation offensichtlich für ernst genug, ein Jahr vor dem Abitur die Schule abzubrechen und Deutschland zu verlassen. Sofort nach der Freilassung, im Juni 1933, reiste er nach Schweden aus, dann weiter nach Finnland, wo er in Sicherheit war. Doch nun traf er eine verhängnisvolle Entscheidung: Er wanderte in die Niederlande aus und ließ sich in Amsterdam nieder. Wann Levy dort angekommen ist, ist unbekannt. Es dürfte Mitte der 1930er gewesen sein, sicherlich einige Jahre vor Kriegsbeginn. Dass er wie ein Suchender oder Flüchtender von Land zu Land zog, lässt sich damit erklären, dass er, noch minderjährig und ohne abgeschlossene Ausbildung, einen Platz zum Durchkommen finden musste. In Holland gelang ihm das. Er fasste Fuß und verdiente seinen Unterhalt als selbstständiger Kaufmann. Dort blieb er auch, als die deutsche Wehrmacht das Land besetzte.

Wie alle dort lebenden Jüdinnen und Juden musste er seit dem 2. Mai 1942 den Gelben Stern tragen. Im Juli, er war nun 28 Jahre alt, heiratete er die niederländische Jüdin Bella Przyrowsky, eine Zwanzigjährige, ähnlich couragiert wie er selbst.

Beide, als Juden ohnehin gefährdet, waren mit sehr riskanten politischen Dingen befasst. Sie standen in Verbindung zur Abschnittsleitung West der illegalen KPD, die versuchte, von den Niederlanden aus Widerstandsaktivitäten zu organisieren. In einer groß angelegten Razzia von deutscher Sicherheitspolizei und Sicherheitsdienst (SD) wurde die Gruppierung am 4. April 1943 weitgehend aufgerollt. 21 Personen wurden verhaftet, darunter der leitende Funktionär Erich Gentsch sowie Baruch und Bella Levy.

Zunächst kamen Levys zum Verhör in das Büro des SD in der Euterpestraat in Amsterdam. Die Vorwürfe lauteten: Er habe "deutschen Emigranten während ihrer Illegalität Unterschlupf gewährt oder sie in anderer Weise in Beziehung auf ihre strafbare Betätigung unterstützt". Bella galt als Mitwisserin. Sie wurden in das Deutsche Untersuchungs- und Strafgefängnis (bitterer Spitzname: "Oranjehotel") Scheveningen gebracht – ein Zeichen, dass Polizei und SD nicht vorhatten, die beiden davonkommen zu lassen. Nach fünf Monaten, am 23. September 1943, wurden sie schließlich ins KZ Herzogenbusch (Kamp Vught) verlegt.

Bella gelang das Kunststück, aus dem Lager zu fliehen, unterzutauchen und Krieg und Verfolgung zu überleben.

Baruch hatte keine Chance. Am 15. November 1943 wurde er nach Auschwitz deportiert, wo er am 31. März 1944, neunundzwanzigjährig, starb.

© Johannes Grossmann

Quellen: 4; 5; 8; StaH 314-15 AfW Abl. 2008/1, 030714 Levy, Ernst Baruch; www. Joods-monu­ment.nl/ person/532392 (eingesehen am 9.5.2010); NIOD Institute for War- Holocaust- and Genocidestudies (Amsterdam): Vught cartotheek; NIOD: Archief 250b_inv.122; NIOD: Schlussbericht_archief 273_inv.41; NIOD: Archief 20_register; E-Mail von Karen Tessel (NIOD) vom 7.1.2011; Peukert, KPD, 1980, S. 374–381.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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