Namen, Orte und Biografien suchen


Bereits verlegte Stolpersteine



Hermann Rosner * 1897

Schloßmühlendamm 32 (Harburg, Harburg)


HIER ARBEITETE
HERMANN ROSNER
JG. 1897
ABGESCHOBEN 1938
RICHTUNG POLEN
VERHAFTET 1939
KZ FUHLSBÜTTEL
1940 KZ DACHAU
ERMORDET 1.2.1941

Hermann Rosner, geb. am 10.11.1897 in Dukla, abgeschoben am 28.10.1938 nach Zba˛szy´n, 1939–1940 im KZ Fuhlsbüttel, am 1.2.1941 im KZ Dachau gestorben

Schlossmühlendamm 32 (Stadtteil Harburg-Altstadt)

Am 12. Juli 1927 wurde Hermann Rosner Mitglied der Deutsch-Israelitischen Gemeinde in Hamburg. Vieles war hier in seiner neuen Heimat anders als in seiner Geburtsstadt in Galizien, das bis 1918 der Habsburger Krone unterstand und danach polnisch wurde. Sein Geburtsort Dukla am Fuße der Karpaten war in den 1920er Jahren eine Kleinstadt mit etwas mehr als zweitausend Einwohnerinnen und Einwohnern, von denen 72% jüdischen Glau­bens waren. Das Zusammenleben der unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen war keineswegs immer friedlich. Besonders heftig war der Judenpogrom am Ende des Ersten Weltkriegs, von dem sich die Stadt in den Folgejahren nur schwer erholte. Viele Jüdinnen und Juden verließen danach ihre Heimatstadt, weil sie sich in ihren Mauern nach dem Zusammenbruch des österreichisch-ungarischen Kaiserreiches nicht mehr sicher fühlten.

Hamburg war dagegen eine Großstadt mit mehr als einer Million Menschen und einem jüdischen Bevölkerungsanteil von lediglich 1,7%. Die Beziehungen zwischen Juden und Nichtjuden waren zwar nicht ganz spannungsfrei, aber solche antijüdischen Exzesse wie 1918 in Dukla hatte es bis dahin in Hamburg nicht gegeben. Das dürfte auch Hermann Rosners Eindruck gewesen sein, als er nach dem Ersten Weltkrieg mit seiner Frau Sara-Chaja, geb. Weinbach (geb. 24.8.1907) nach Hamburg kam. Sie stammte ebenfalls aus einer jüdischen Familie und war in der Kleinstadt Łancut bei Rzeszów in der weiteren Umgebung von Dukla aufgewachsen. In Hamburg bezog das junge Ehepaar eine Wohnung in der Schäferkampsallee 21. Die beiden Kinder Sami und Bernard kamen am 2.7.1932 und am 29.3.1937 zur Welt.

Wann genau Hermann Rosner in der Mühlenstraße 9 (heute: Schlossmühlendamm 32) im damals noch preußischen Harburg ein Fachgeschäft für Berufsbekleidung eröffnete, wissen wir nicht genau. Dass er sich Anfang 1933 als selbstständiger Geschäftsmann etabliert hatte, ist aus der Liste des Harburger Magistrats zu ersehen, auf der die 54 jüdischen Unternehmen der Stadt genannt sind, die in Zukunft bei der Vergabe städtischer Aufträge nicht mehr berücksichtigt werden sollten. Als zwei Tage später, am Tag des reichsweiten "Abwehrboykotts gegen die jüdische Greuelpropaganda", auch vor seinem Geschäft SA-Posten standen, die Passanten und Kunden darauf hinwiesen, dass der Inhaber Jude war, dürfte er gespürt haben, dass die Vergangenheit ihn eingeholt hatte.

Danach schien sich die Lage wieder etwas zu beruhigen, und auch Hermann Rosner wartete offenbar die weitere Entwicklung erst einmal ab. Mit einem zu versteuerndem Jahreseinkommen von ca. 6000 RM kam er in den folgenden Jahren wohl einigermaßen zurecht. Als sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für jüdische Geschäftsleute im Laufe des Jahres 1938 dramatisch verschlechterten, ließ Hermann Rosner seine Absicht erkennen, das Land möglichst schnell zu verlassen. Der Hamburger Oberfinanzpräsident entzog ihm daraufhin per "Sicherungsanordnung" mit sofortiger Wirkung die uneingeschränkte Verfügungsgewalt über sein Vermögen.

Die mühseligen Vorbereitungen für eine Auswanderung in die USA kamen vollends ins Stocken, als die Familie Rosner am 28. Oktober 1938 nach Polen abgeschoben wurde und mehrere Wochen lang in einer Notunterkunft in der Gramiezna 2 bei Jasinski in Zba˛szy´n festsaß. Die polnische Regierung war nicht bereit, dem Gros der Abgeschobenen die Einreise zu ge­stat­ten. Tausende durften die kleine Grenzstadt in den folgenden Wochen und Monaten nicht verlassen. Ohne die spontane Hilfe vieler jüdischer Gemeinden und Institutionen im In- und Ausland wäre ihre Not noch größer gewesen.

Der Kontakt zur Außenwelt war eingeschränkt. Erst auf Umwegen erfuhr Hermann Rosner eines Tages, dass die Behörden inzwischen einen "Abwesenheitspfleger" mit der Abwicklung seines Geschäfts in der Mühlenstraße in Harburg beauftragt hatten. Es dauerte noch einmal mehrere Wochen, bis er eine befristete Aufenthaltsgenehmigung für Hamburg erhielt, um sein Auswanderungsverfahren weiter zu verfolgen und seine Vermögensangelegenheiten zu regeln. Eine notwendige Verlängerung über den 18. August 1939 hinaus wurde jedoch kategorisch abgelehnt.

Hermann Rosner nahm diese Anweisung offenbar nicht so ernst und blieb noch ein paar Tage länger illegal in Hamburg. Kurz nach dem deutschen Überfall auf Polen verhaftete die Gestapo ihn im September 1939 als staatenlosen Juden polnischer Herkunft und wies ihn in das Polizeigefängnis Fuhlsbüttel ein. Von dort wurde er am 6. September 1940 in das KZ Dachau überstellt, wo er die Häftlingsnummer 18433 erhielt. In diesem Konzentrationslager vor den Toren der bayrischen Landeshauptstadt endete sein Leben am 1. Februar 1941. Als Todesursache vermerkte der Standesbeamte: Versagen von Herz und Kreislauf. Dreieinhalb Monate später traf die Urne mit der Asche des Verstorbenen auf dem Jüdischen Friedhof in der Ihlandkoppel in Hamburg-Ohlsdorf ein, wo Hermann Rosner seine letzte Ruhe fand.

Über das weitere Schicksal seiner Frau und das seiner beiden Kinder ist uns nichts Näheres bekannt. Das letzte Lebenszeichen von Sara Rosner weist darauf hin, dass sie im Sommer 1939, noch von Zba˛szy´n aus, offensichtlich vergebens versuchte, nach Großbritannien zu emigrieren. Dann verliert sich ihre Spur ebenso wie die ihrer Kinder. Eine Kusine hinterlegte in der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem ein Gedenkblatt für Sara Rosner. Das Gedenkbuch des Bundesarchivs nennt sie als Opfer der Judenverfolgung und weist als letzten Wohnort in Deutschland Duisburg aus, was das dortige Stadtarchiv jedoch nicht bestätigen kann. Ebenfalls im Gedenkbuch genannt werden Sami und Bernhard Rosner, ohne dass Weiteres über ihr Schicksal bekannt ist.

© Klaus Möller

Quellen: 1; 2 (FVg 7435 Hermann Rosner); 4; 5; 8; StaH, 430-2 Bestand Harburg, 2 Stadtbücher, III 1 Bd. IX, Protokolle der Magistratssitzungen 1933; StaH, 430-5 181.08 Bestand Magistrat Harburg-Wilhelmsburg, Angelegenheiten der städtischen Polizei, Ausschaltung jüdischer Geschäfte und Konsumvereine 1933–1938; Heyl (Hrsg.), Harburger Opfer; Heyl, Synagoge, S. 369; Auskunft Dr. Diana Schulle vom 27.2.2012; Auskunft Stadtarchiv Duisburg vom 14.3.2012; http://de.wikipedia.org/wiki/Dukla_(Polen) (eingesehen am 19.3.2010).
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

druckansicht  / Seitenanfang