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Paul Styrnal * 1907

Horner Landstraße 204 (Hamburg-Mitte, Horn)


HIER WOHNTE
PAUL STYRNAL
JG. 1907
VERHAFTET 1933
GEFÄNGNIS FUHLSBÜTTEL
TOT AN HAFTFOLGEN

Paul Styrnal, geb. 29.5.1907 in Wilhelmsburg, Tod 26.6.1945 in der Heil- und Pflegeanstalt Mainkofen/Niederbayern

Horner Landstraße 204

Johann Paul Styrnal wurde am 29. Mai 1907 in Wilhelmsburg in eine katholische Familie mit vier Kindern hineingeboren. Nach Abschluss der Volksschule überbrückte er die Zeit bis zu seinem 18. Geburtstag, an dem er den erstrebten Führerschein erwerben konnte, u. a. mit landwirtschaftlicher Arbeit. Bei der Hamburg-Amerika-Linie fand er eine Anstellung als Fahrer: 1928/29 fuhr er Lkws, 1931 war er als Privatchauffeur für Kapitäne tätig und beförderte Lohngelder. Infolge der Weltwirtschaftskrise wurde er entlassen und fand keine neue Anstellung. Paul Styrnal lebte mit seiner Familie in Horn in der Horner Landstraße 204. Am 11. April 1931 heiratete er Wally Lavrenz, die als Kommunistin seine politischen Überzeugungen teilte. Sie schilderte ihn später als einen zufriedenen, fröhlichen, geselligen und lernwilligen Menschen.

Am 6. November 1931 wurde ihre erste Tochter geboren. Im selben Jahr trat Paul Styrnal in die KPD ein. Zusammen mit seiner Frau betätigte er sich von 1931 bis 1933 in der "Roten Hilfe" und arbeitete in der KPD als Kurier unter dem damaligen politischen Leiter im Stadtteil Horn, Johannes Schäfer. Am 24. Oktober 1933 wurde Paul Styrnal von Gestapo-Beamten wegen illegaler Tätigkeit verhaftet und in der Zentrale an der Stadthausbrücke vernommen. Wegen seiner Weigerung, das Vernehmungsprotokoll zu unterschreiben, wurde er schwer misshandelt und erlitt an Kopf und Nacken Verletzungen des Nervensystems, die zu Symptomen der Parkinsonschen Krankheit führten.

Neun Tage später wurde auch John Trettin, ein Parteigenosse aus der Horner Landstraße 492, verhaftet. Vier Tage später wurde er in seiner Zelle an der Stadthausbrücke mit Zeichen schwerer Misshandlungen erhängt aufgefunden. Hiervon erfuhr Paul Styrnal und konnte alle Anschuldigungen auf John Trettin abwälzen. Das Hanseatische Sondergericht verurteilte ihn am 13. April 1934 im Prozess gegen "Dose und Genossen" zu einem Jahr Gefängnis wegen "Vorbereitung zum Hochverrat" durch die Verbreitung kommunistischer Flugblätter. Seine Haft verbüßte er im KZ Fuhlsbüttel. Nach Anrechnung der Untersuchungshaft wurde er am 25. Oktober 1934 entlassen. Trotz der vergleichsweise kurzen Haft blieb seine Gesundheit auf­grund der schweren Misshandlungen zerrüttet, was seine Arbeitsfähigkeit erheblich einschränkte. Statt als Lkw-Fahrer setzte ihn der Direktor der Hartgrießmühle, wo ihm seine Schwester eine Anstellung vermittelt hatte, wegen seines Nervenleidens für Pförtnerdienste ein, die er allerdings schon nach wenigen Wochen aufgeben musste; ab 1941 erhielt er eine Invalidenrente. Er zog sich mehr und mehr in sich zurück.

Am 4. Oktober 1935 wurde die zweite Tochter geboren. 1938 erkrankte Paul Styrnal schwer an einer Grippe. Er erholte sich von der Infektion, doch verschlimmerte sich sein Nervenleiden, weshalb er 1939 in die Königin-Elena-Klinik in Kassel eingewiesen wurde; die Kur brachte keinen dauerhaften Erfolg.

Voller Hass gegen das NS-Regime, zog Paul Styrnal mit seiner Familie von Horn nach Hamm in den Wichernsweg 28, wo er wieder illegal tätig zu werden hoffte. Da sich jedoch sein Gesundheitszustand verschlechterte, blieben ihm lediglich Diskussionsabende in seiner Wohnung, auch diese eingeschränkt durch seine Sprachbehinderung. An den Diskussionen beteiligten sich der politische Leiter der KPD in Hamm, Oswald Laue aus der Döhnerstraße 44, und Max Blaeser aus der Eiffestraße 543, der später ebenfalls in den Wichernsweg 28 zog. Auch sie wurden wegen ihres politischen Widerstands Opfer der Verfolgung.

Während der "Operation Gomorrha" im Juli 1943 wurde Familie Styrnal in Hamm ausgebombt und anschließend nach Bayern evakuiert, wo sie sich auch noch bei Kriegsende befand. Paul Styrnals Zustand erforderte die Hilfe seiner Frau bei allen Verrichtungen, er konnte sich nur noch durch Augenzeichen verständigen und sich nicht mehr selbstständig bewegen. Am 12. Juni 1945 wurde er in die Heil- und Pflegeanstalt Mainkofen in Niederbayern eingewiesen, wo kurz zuvor noch "Euthanasie" praktiziert worden war. Dort starb Paul Styr­nal vierzehn Tage später an einer Lungenentzündung.

Nachforschungen der Anstalt ergaben, dass Paul Styrnal während seiner Haft in Fuhlsbüttel eine Hirnentzündung erlitten hatte, die sich wegen mangelnder Behandlung verschlimmerte und ihn in einen parkinsonähnlichen Zustand versetzte, der sich nicht beheben ließ. Seine Frau wurde den Verdacht nicht los, er sei getötet worden, da über das Kriegsende hinaus in Mainkofen Patienten unter ähnlichen Umständen starben wie zuvor, als sie schleichend durch Mangelernährung, verweigerte medizinische Behandlung oder tödliche Medikamentengaben ermordet worden waren. Als Todesursache wurde meist "Lungenentzündung" angegeben.

Wally Styrnal kehrte im April 1946 mit ihren Kindern nach Hamburg zurück.

© Stolperstein-Initiative Hamburg-Horn

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