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Georg Mewes
© Forschungsstelle für Zeitgeschichte Hamburg

Georg Mewes * 1909

Hasselwisch 5 (Wandsbek, Wohldorf-Ohlstedt)


HIER WOHNTE
GEORG MEWES
JG. 1909
VERHAFTET 1943
’SPIONAGEVERDACHT’
KZ FUHLSBÜTTEL
BUCHENWALD
ERMORDET 2.1.1944

Georg Mewes, geb. 7. 4. 1909, zu Tode gekommen im KZ Buchenwald am 2.1.1944

Hasselwisch 5

Georg Mewes wurde am 7. April 1909 auf dem Gut Wohldorf geboren, auf dem sein Vater als Verwalter arbeitete. Er besuchte nach der Dorfschule vor Ort zunächst das Matthias-Claudius-Gymnasium in Wandsbek. Später wechselte er auf die reformorientierte koedukative Lichtwark-Schule, die seinen künstlerischen Neigungen mehr entsprach. Er legte dort, nach einem halbjährigen Schüleraustausch in England, 1929 sein Abitur ab. Obwohl er sich durchaus auch für den Beruf des Landwirts interessierte, setzte er seinen Wunsch durch, Architektur zu studieren. Dazu ermutigte ihn der Besitzer des Gutes Wohldorf und unterstützte ihn anfänglich auch finanziell. Ein Stipendium, das einen Eintritt in die NSDAP zur Bedingung gehabt hätte, lehnte Georg Mewes ab. Er wollte es, wie er sagte "auch so schaffen!" und beendete sein Studium 1935 als Diplomingenieur.

Beruflich verlief sein Leben im NS-Staat sehr erfolgreich; sein erster Chef in einem Berliner Architekturbüro empfahl den tüchtigen jungen Mann direkt an Albert Speer, der ihn, obwohl er nie Parteimitglied geworden war, in seinem Amt "Schönheit der Arbeit" auf einen leitenden Posten setzte. Reichsweit wurden nun nach seinen Plänen Gemeinschafts-, Kameradschafts- und Siedlungshäuser gebaut. 1937 besuchte Georg Mewes die Weltausstellung in Paris und 1939 gestaltete er den deutschen Beitrag auf der "Exposition Internationale de la technique de l’eau" (Internationale Ausstellung für Wasserbau-Technik) in Belgien.

Während seines Studiums hatte Georg Mewes in Berlin eine Kommilitonin, die junge Deutsch-Amerikanerin Isolde Berger kennengelernt. Im April 1938 fuhr Isolde zurück zu ihrer Familie in die USA. Georg folgte ihr und sie heirateten. Das junge Paar unternahm eine Reise durch Amerika. Georg Mewes’ Arbeitgeber Albert Speer gewährte ihm dafür großzügig Urlaub, damit er die modernen Bauten in den Vereinigten Staaten studieren konnte.

Bei dieser Gelegenheit registrierte Mewes sehr deutlich die amerikanische Kritik an den Kriegsvorbereitungen des Deutschen Reiches. Dem Drängen seiner neuen Verwandten, in den USA zu bleiben, widersetzte er sich mit den Worten: "Meine Heimat Deutschland braucht mich, denn es geht einer schweren Zeit entgegen, ich muss zurück!" Im Dezember 1938 kehrten er und Isolde nach Deutschland zurück, wo sie in Berlin an den Kurfürstendamm zogen.

Georg meldete sich zwar zum Militär, wurde aber zu seinem Verdruss nicht genommen, sondern "unabkömmlich" gestellt. Privat sagte er freimütig: "Für Kriegszwecke baue ich nicht, das sollen die Bonzen tun!" Dies war die erste einer Reihe von regimekritischen Äußerungen, die letztlich zu seinem gewaltsamen Ende führten.

Seinem erklärten Willen zum Trotz sah sich Mewes gezwungen, ausschließlich für die NS-Kriegslogistik zu bauen. Er wurde nach Baden bei Wien ge­schickt, wo er als Stellvertretender Bauleiter der Organisation Todt in Österreich Flugzeug­hallen und Kasernen entwarf.

Als im Frühjahr 1940 die deutsche Invasion Norwegens erfolgte, wurde Georg Mewes dort über Nacht Bauleiter, mit Hauptbüro in Oslo. Hier verkehrte er oft mit hochgestellten Persönlichkeiten, über die er berichtete: "Hauptsache die Bonzen sind in Sicherheit und können gute, dicke Zigarren rauchen und kluge Reden führen, aber keiner von ihnen kommt mit hinaus in Schnee und Eis."

Im Juni 1942 zog sich Georg Mewes bei einem Flugzeugabsturz auf einer Inspektionsreise schwere Kopfverletzungen zu. Er kam ins Lazarett Nikolassee in Berlin. Sein Vater, der ihn dort besuchte, beschrieb ihn als "furchtbar eingefallen" und nicht wiederzuerkennen. Im Oktober 1942 wurde Georg Mewes, schwer traumatisiert, entlassen und blieb bis zu seiner vollständigen Genesung beurlaubt. Er erholte sich bei den Eltern in Ohlstedt, denn seine Frau Isolde wurde trotz ihrer US-Bürgerschaft dienstverpflichtet und musste aufgrund ihrer Fremdsprachenkenntnisse in der Nähe von Berlin unter SS-Bewachung feindliche Sender abhören.

Seine eigene kritische, desillusionierte Einstellung zum NS-Staat brachte er wiederholt zum Ausdruck, hegte auch brieflich Pläne, in ein neutrales Land wie z. B. die Schweiz, Portugal oder Schweden auszuwandern. Sein Vater warnte ihn eindringlich, doch die nachbarschaftliche Denunziation hatte schon begonnen:

Im Februar 1943 kamen zwei Gestapobeamte und der Polizeiwachtmeister aus dem Ort, durchwühlten Georgs Zimmer und nahmen ihn mit ins KZ Fuhls­büttel. Als Grund für seine fortgesetzte Inhaftierung ohne Anklage und Prozess wurden seine angeblichen Fluchtpläne, Spionageverdacht und geplanter Hochverrat genannt.

Nach den Großangriffen auf Hamburg Ende Juli, Anfang August 1943 sahen die Eltern Mewes ihren Sohn einige Male, wie er mit anderen Häftlingen Trümmerschutt räumte. Das letzte Mal im Dezember 1943 in Niendorf, wo er gerade dabei war, einem ausgebombten SS-Wachtmeister mit ein paar anderen Häftlingen ein Haus zu bauen.

Vier Wochen später wurde Georg Mewes ins KZ Buchenwald bei Weimar gebracht, wo er am 2. Januar 1944 35-jährig starb. Die Todesnachricht erhielten die Eltern einen Monat später. Die Urne mit seiner Asche wurde auf dem Waldfriedhof Wohldorf-Ohlstedt beigesetzt.

Seine Witwe Isolde erhielt keinen Urlaub, um an der Trauerfeier teilzunehmen. Bald wurde ihr Arbeitsplatz zerstört, ihre Wohnung ausgebombt. Sie flüchtete in die schwedische Gesandtschaft, welche sie verdeckt nach Dänemark brachte. Dänische Fischer setzten sie nach Schweden über, von wo aus sie zurück nach Amerika gelangte.

© Eva Lindemann, Marina Dietz, Johanna Geyer, Josephine Lindemann

Quellen: StaH 351-11 (AfW), 4282; Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, NS 4 Bu: Datenbank der Häftlingsnummernkartei, Totenbuch des KZ Buchenwald; VVN-Akte Georg Mewes; unveröffentlichtes Typoskript der Lebenserinnerungen von Georg Mewes Senior; Zeitzeugengespräche und Interview mit Uta Schröder am 13.1.2009.

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