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Bruno Rosenbaum * 1875

Mühlendamm 12 (Hamburg-Nord, Hohenfelde)


HIER WOHNTE
BRUNO ROSENBAUM
JG. 1875
VERHAFTET 1938
KZ FUHLSBÜTTEL
SACHSENHAUSEN
TOT 28.11.1940
1940 DACHAU

Weitere Stolpersteine in Mühlendamm 12:
Hubert Mayer

Bruno Rosenbaum, geb. am 12.3.1875 in Altona, verhaftet 1938 KZ Fuhlsbüttel, 24.6.1938 bis 2.9.1940 KZ Sachsenhausen, 3.9.1940 KZ Dachau, dort ermordet am 28.11.1940
Friederike Pauline Rosenbaum, geb. Jürgensen, geb. am 27.10.1880 in Altona, Selbsttötung am 22.2.1940 in Hamburg

Mühlendamm 12

Seine Eltern taten sich schwer, einen Vornamen für ihn zu finden: Als der jüdische Handelsmann Moses Abraham Rosenbaum drei Tage nach der Geburt seines Sohnes am 12. März 1875 auf dem Standesamt Altona erschien, um diese anzuzeigen, hatte das Kind noch keinen Namen. Erst neun Tage später, am 24. März, konnte Moses Rosenbaum dem zuständigen Standesbeamten persönlich mitteilen, dass der Junge "Bruno" heißen sollte.

Brunos Mutter war Ernestine Rosenbaum, geborene Silberstein. Auch sie kam aus einer jüdischen Familie. Ernestine und Moses Abraham Rosenbaum lebten zusammen mit ihrem kleinen Sohn Bruno in Altona in der Großen Elbstraße 91a. Zu der Zeit war Altona eine gerade von Dänemark an Preußen übergegangene selbstständige Stadt. Dort war Moses Abraham Rosenbaum auch als Productenhändler und Schriftmaler tätig. Mehrfach zog die Familie in den folgenden Jahren um, bis sie 1892 in der Kleinen Freiheit 95 eine Bleibe fand, wo Moses mittlerweile als Händler von "Partiewaaren" – heute so viel wie Restposten – arbeitete.

Bruno Rosenbaum erlernte einen kaufmännischen Beruf und eröffnete um 1901 in der Großen Bergstraße 240 einen Postkarten-Großhandel. Damit hatte er jedoch kein Glück, sodass er schon ab dem Jahr darauf als selbstständiger Agent arbeitete; die Adresse seiner Agentur lautete Marktstraße 77; unter der gleichen Adresse wohnte er auch.

Am 4. Oktober 1902 heiratete er die evangelische Friederike Pauline Jürgensen, geboren am 27. Oktober 1880 in Altona. Offenbar hatten sich seine Eltern einige Zeit zuvor getrennt, denn seine Mutter Ernestine, die bei der Trauung schon verstorben war, hatte zuletzt in Puerto San Martin in Argentinien gewohnt, während Brunos Vater in Hamburg lebte. Friederikes Eltern waren der Altonaer Schiffszimmerer Johann Anton Hinrich Jürgensen und dessen Frau Johanna Friederike, geborene Harwig, nach der die Tochter auch genannt worden war. Johann und Johanna Jürgensen wohnten bei Friederikes Geburt im dritten Stock des Hauses Blumenstraße 153, der heutigen Billrothstraße. Bei der standesamtlichen Eheschließung ließ Bruno Rosenbaum die Eintragung "mosaisch", die der Standesbeamte bei ihm unter "Religion" vorgenommen hatte, offiziell ändern in "evangelisch-lutherisch". Einer der beiden Trauzeugen war Friederikes Bruder, der Schuster Heinrich Jürgensen.

Bruno und Friederike Rosenbaum lebten zusammen in einem kleinen einstöckigen Haus in der Marktstraße 77. Bruno führte in der gemeinsamen Wohnung seine Agentur, während Friederike im Erdgeschoss eine "Papier- und Cigarettenhandlung" eröffnete.

Bereits 1906 wohnte das Ehepaar wieder woanders, in der Lessingstraße 18, der heutigen Julius-Leber-Straße. Friederike hatte ihr Geschäft aufgegeben, Bruno arbeitete weiterhin als Kaufmann. 1917 waren beide erstmals in Hamburg verzeichnet, mit der Adresse Käthnerort4 in Barmbek. Im folgenden Jahr zogen sie in die Wagnerstraße in Eilbek, zugleich übernahm Bruno Rosenbaum die Generalvertretung der Sächsischen Klebstoffwerke, Pirna. Außerdem fungierte er kurzzeitig als Geschäftsführer der Norddeutschen Klebstoff-Industrie. Die Position des Generalvertreters hatte er bis 1937 inne.

Seit 1924/25 wohnte das Ehepaar in Hohenfelde am Mühlendamm 34 und erlebte dort auch im Januar 1933 die Machtübergabe an die Nationalsozialisten. Unter dieser Adresse wurde Bruno Rosenbaum noch im Mai 1939 zusammen mit Friederike bei der reichsweiten Volkszählung registriert. Zu der Zeit war er bereits seit fast einem Jahr inhaftiert.

Vom 13. bis 18. Juni 1938 hatten im Zuge der Aktion "Arbeitsscheu Reich" reichsweit Massenverhaftungen durch die Kriminalpolizei stattgefunden. Einer der dabei Inhaftierten war Bruno Rosenbaum. Die Hamburger Kripo brachte ihn zusammen mit zahlreichen anderen Männern am 20. Juni 1938 in das Polizeigefängnis Fuhlsbüttel und von dort aus vier Tage später in das KZ Sachsenhausen. Ziel dieser von Reinhard Heydrich, dem damaligen Leiter des Reichskriminalpolizeiamts, angeordneten "Juniaktion" waren nichtsesshafte "Asoziale" ("Bettler, Landstreicher und Alkoholiker"), außerdem "Zigeuner und wandernde Handwerker" sowie "Zuhälter und böswillige Unterhaltsverweigerer". Hinzu kamen auf Hitlers persönliche Anordnung ausdrücklich auch vorbestrafte Juden, die in der Vergangenheit zu mindestens einem Monat Haft verurteilt worden waren – unter anderem wegen verfolgungsspezifischer Delikte wie Devisenvergehen, wegen weit zurückliegender Delikte oder wegen Bagatelldelikten wie die Verletzung von Verkehrsvorschriften. Einer dieser Anlässe dürfte bei Bruno Rosenbaum der Grund für seine Verhaftung gewesen sein. Reichsweit nahm die Kripo rund 10.000 Personen fest, die nicht in die von den Nationalsozialisten konstruierte "Volksgemeinschaft" passten, darunter 2291 jüdische Männer. 1256 von ihnen kamen ins KZ Buchenwald, 211 ins KZ Dachau und 824 ins KZ Sachsenhausen. In jedem der drei Lager waren sie brutalen Schikanen ausgesetzt.

Bruno Rosenbaum wurde am 3. September 1940 von Sachsenhausen in das KZ Dachau gebracht. Dort kam er am 28. November 1940 ums Leben. Er wurde 65 Jahre alt.

Für seine Ehefrau Friederike waren die seelischen Belastungen durch die Inhaftierung ihres Mannes übermächtig. Sie setzte am 22. Februar 1940 ihrem Leben ein Ende, indem sie sich in der Wohnung Blumenau 48 erhängte.

Stand: Mai 2016
© Frauke Steinhäuser

Quellen: 4; 5; 8; 9; StaH 213-8 Staatsanwaltschaft Oberlandesgericht – Verwaltung Abl. 2, 451 a E 1, 1c; StaH 332-5 Standesämter 6184 u. 755/1875; StaH 332-5 Standesämter 6213 u. 2990/1880; StaH 332-5 Standesämter 5958 u. 1032/1902; StaH 332-5 Standesämter 7235 u. 478/1940; StaH 552-1 Jüd. Gemeinden Nr. 992 e 2 Band 3, Transport nach Riga am 06. Dezember 1941, Listen 1 u. 2; Hamburger Adressbücher; Gedenkbuch für die Toten des Konzentrationslagers Dachau; Wolfgang Ayaß, "Asoziale" im Nationalsozialismus, Stuttgart 1995; Hans-Dieter Schmid, Die Aktion "Arbeitsscheu Reich" 1938, in: KZ-Gedenkstätte Neuengamme (Hrsg.), Ausgegrenzt. "Asoziale" und "Kriminelle" im nationalsozialistischen Lagersystem, Beitr. z. Geschichte d. nationalsozialistischen Verfolgung in Norddeutschland, Bd. 11, Bremen, 2009, S. 31–42; Stefanie Schüler-Springorum, Masseneinweisungen in Konzentrationslager. Aktion "Arbeitsscheu Reich", Novemberpogrom, Aktion "Gewitter", in: Wolfgang Benz (Hrsg.), Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager, München 2005, Bd. 1, S. 157–164, hier S. 159; Michael Wildt, "Volksgemeinschaft”, Version 1.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 3.6.2014, URL: http://docupedia.de/zg/Volksgemeinschaft?oldid=106491 (letzter Zugriff 10.7.2015).
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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